Routeburn-Caples

20120211.154349.IMG_2795Bereits während der letzten Minuten des Kepler Treks vollendete Kristina die gedankliche Planung des nächsten Treks: vom Routeburn in den Caples in vier Nächten. Während der Routeburn, als einer der größten Treks in Neuseeland, Pionier bei der von uns so verhaßten Inflexibilität war (es wurde hier bereits 1995 ein Buchungssystem für die Hütten eingeführt) ist der Caples eine bis heute weniger beachtete Wanderung. Die vier Tage, die wir tatsächlich auf dem Trail verbrachten, brachten wiederholt ein nasses Zelt, viele schöne Aussichten und späte Erkenntnisse.

Mt Aspiring National Park 9372, New Zealand

Greenstone 9372, New Zealand

Nachdem wir bei bedecktem Himmel den ersten kurzen Tag des Routeburn Tracks begonnen hatten, war auch der dritte Tag weitgehend grau und auch der vierte konnte sich nicht zu wirklich spannenden Farben bekennen. In den beiden Nächten, die wir im Zelt verbrachten regnete es mindestens ein wenig, so dass wir stets die klitschnasse Außenhaut des Zelts einpacken mussten (nasse Zelte einpacken ist etwas so unangenehmes).

Es waren der zweite Teil des ersten Tages und der herrliche gesamte zweite Tag der Wanderung, die uns zeigten, Neuseeland gibt es auch in Farbe. Die erste Nacht verbrachten wir auf dem Routeburn Flats Campingplatz vor herrlicher Kulisse, man wollte gar nicht aufhören die Berge und das Tal davor zu bestaunen und zu photographieren. (Und auch wenn die Nacht etwas Regen brachte) Der zweite Tag war ebenso spektakulär: Der Aufstieg auf den Bergkamm und der dann stets vorhandene Blick auf die Bergkette machten sämtliche nassen Nächte wieder gut. Sogar den Aufstieg auf den Conical Hill, ein kleiner Abstecher vom Hauptpfad und somit ohne die schweren Rucksäcke zu begehen war, schafften wir bevor die aufziehenden Wolken den Blick auf die 2800 m hohen Berge versperrten.

Beim Abstieg zur Hütte am Lake McKenzie ahnten wir schon böses. Weil am ersten Campingplatz 15 Zeltplätze reserviert werden können, am zweiten aber nur neun, werden hier regelmäßig Camper in die Hütte gezwungen – statt 15 NZD pro Person werden nun über 50 NZD fällig – für die Parkbehörde (DoC) sicherlich nicht das schlimmste. Wir redeten uns ein, dass die Erfahrung in einer Hütte zu übernachten Teil der Neuseelanderfahrung sein sollte und begaben uns mit offenen Herzen ins Getümmel. Zwei große Schlafsäle, einer mit acht Plattformen für jeweils vier Leute, der andere mit zehn Einzelhochbetten und einer langen Plattform für circa 30 Leute alle nebeneinander bietet Platz für über 70 Wanderer. Siebzig Menschen an einem Fleck – wie soll das noch ein Naturerlebnis werden?

Immerhin ist die Ausstattung beachtlich, jeder Schlafplatz hat seine eigene “Matratze”, es gibt viele Waschbecken mit fließendem (kalten) Wasser, eine riesige Küche mit unzähligen Gaskochfeldern und reichlich Spülbecken. Wären wir nicht während einem “Total Fire Ban” im Fjiordland (aufgrund der schwersten Dürre seit 40 Jahren in diesem Gebiet – trotz nächtlichem Regen und häufiger Bewölkung konnten sogar wir erkennen, dass das Moos im Regenwald eher trocken wirkt), gäbe es auch ein Kamin.

Vielleicht kann es ja recht nett sein, auf einer solchen Hütte, gerade wenn man mit einer größeren Gruppe unterwegs ist und eher die Geselligkeit sucht als die Natur (schöne Bergpanoramen und der Verzicht auf eine heiße Dusche machen noch kein richtiges Naturerlebnis!), doch für uns mit unseren aktuellen Interessen, sind die anderen stinkenden Menschen bis auf zwei stinkende Menschen zu viele stinkende Menschen, die Schnarcher im Schlafsaal eben nicht der plätschernde Fluss (oder das Regenprasseln auf dem Zeltdach) und die Gaskochfelder nicht unser heißgeliebter Benzinkocher. Vor 20 Jahren hatte Ben erstmal Kontakt mit dem Konzept des “minimal impact Camping”, ein Versuch so wenig wie möglich Einfluss zu nehmen auf die Natur, die einem so vieles bietet – ein Konzept welches stimmig und moralisch richtig ist – was wir hier sahen, ist weit davon entfernt.

Etwas näher wollten wir dem auf dem nächsten Abschnitt der Wanderung kommen. Nach dem Abzweig auf den Capels Track erhofften wir uns Wanderwege mit Steinen, Wurzeln, Hindernissen und ein wenig Kontakt zur Natur, und wurden streckenweise auch so beglückt. Der Aufstieg zum McKellar-Saddle war eine Autobahn, gerade erst letztes Jahr in den Berg geschlagen (so war uns erzählt worden) um die hohe Anzahl von Unfällen auf der bisher steilen Strecke zu reduzieren. Kaum waren wir über den Sattel hinweg, durften wir den Rest des Tages einen Weg laufen, wie er uns Spaß macht.

Und dann kamen die Sprengungen. Um uns herum wurde in diesen Tagen der Weg auch auf der anderen Seite des Sattels “wheel chair accessible” gemacht: mit schwerem Gerät und Sprengstoff wird ein völlig neuer Weg, eineinhalb Meter breit im Stil der “Great Walks” in den Berg gehauen. Der Verlauf des neuen Pfades ist geplant und wird geebnet, orientiert sich in keiner Weise an dem gewachsenen Weg (der in Sachen Erosion oder Vegetationsbelastung kaum beeinträchtigt ist, was somit nicht als Grund für den Neubau hinhalten kann) und wird für immer eine Narbe im Berg bleiben, ganz anders als der bisherige Weg der in 10 Jahren kaum zu laufen sein wird und in dreißig nicht mehr zu finden. Als nächstes werden dann die Hütten auf dem Weg ausgebaut (von jeweils 12 Betten zu 70) und das ganze als “Great Walk” deklariert und schon kommen die Massen und zahlen 50 NZD pro Nacht um auch wirklich jeden “Great Walk” gemacht zu haben. Trekkingtourismus auf neuseeländisch.

Aus der Begegnung mit dem ursprünglichen Caples Trek lernten wir, dass die Kategorie Track die nur für “fit and backcountry experienced” Trekker empfohlen wird, durchaus unser Leistungs- und Kenntnisniveau ist und werden beim nächsten Neuseelandbesuch die “Great Walks” links liegen lassen und jene Wege gehen, die den Kontakt zur Natur nicht verhindern.

Mit dieser Erkenntnis liefen wir, bei stets bedecktem Himmel, den gesamten Caples Track an einem Tag raus und beendeten somit die Tour nach nur drei statt vier Nächten.

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