Gefangen in Cochabamba

Der Lonely Planet beschreibt Cochabamba wie folgt:

Busy, buzzy Cochabamba is one of Bolivia’s boom cities, and has a distinct, almost Mediterranean vitality that perhaps owes something to its clement climate. [..] Parts of town have a notably prosperous feel. The spacious new-town avenues have a wide choice of restaurants, eagerly grazed by the food-crazy cochabambinos, and the bar life is lively, driven by students and young professionals. [..] You could easily find yourself staying a lot longer than you planned.

20110612.112122.IMG_2663Wir kamen Samstag morgen an und verbrachten den Tag mit gelassener Ruhe auf den Plätzen und in Cafes, da – wie in Bolivien üblich – die meisten touristischen Attraktionen geschlossen waren (ebenso die Touristeninformation – wie in Bolivien üblich). Den versprochenen mediteranen Charme fanden wir nur sehr begrenzt, diese Stadt hat nichts von dem Zauber von Sucre. Wir aßen gut, wenn auch nicht hervorragend, die Restaurantszene bietet viel asiatisches, was wir hoffen in eineinhalb Monaten vor Ort zu erleben.

Bolivia

Der Sonntag gestaltete sich ähnlich, wir besuchten die Christusstatur, die erfolglos ein Gefühl von Rio de Janeiro zu erzeugen versucht. Mittags aßen wir eine sehr gute Pizza, die zweitbeste in Südamerika. Abends gingen wir mit unserem bird-watching Ökonomieprofessor, den wir in Samaipata kennengelernt hatten, gutes Steak essen (hi Richard, see, no mention of the Giardia!). Während des Essens erfuhren wir, dass am nächsten Tag die Straßen um Cochabamba herum von den Trufi- und Micro-Fahrern (Sammeltaxi und Minibusse) blockiert sein würden als Zeichen des Protests (gegen das Vorhandensein von zu vielen Autos ohne valide Papiere – so ganz verstanden haben wir den Grund nicht).

Also fügten wir uns und planten einen weiteren Tag in Cochabamba: zum ehemaligen Konvent der Nonnen von Santa Teresa wollten wir nun, dieser würde nach dem Wochenende geöffnet sein. Was dann nicht der Fall war. Anscheinend wohnt die zuständige Touristenführerin nicht in Cochabamba und kam entsprechend nicht in die Stadt hinein. Mehr Essen, mehr Eis, mehr Abhängen. Mehr als das Stadtzentrum sollte man als Tourist nicht besuchen, dafür ist es schlicht zu gefährlich in den umliegenden Stadtteilen. Am Abend stießen wir auf unsere geplante Abreise nach La Paz an.

Dienstag Morgen am Busbahnhof, Ankunft mit dem Taxi. Die Verkäufer stürmen auf jeden zu, der die Verkaufshalle betritt, und schreien: „Potosiiii“, „Oruroooo“, „Sucreeee“, „Santa Cruuuz“. Nachdem wir uns durch die erste Garde der Verkäufer hindurchgekämpft hatten, erwartet uns ein ungewohntes aber sehr erfreuliches Bild, über den Verkaufsständen steht, sehr geordnet, wann dieses Unternehmen wo hin fährt (alles andere als selbstverständlich, normalerweise muss man bei jedem Stand fragen ob, wann, für wie viel und mit was für einem Bus sie an das gewünschte Ziel fahren). Erfreut gezielt ein Unternehmen ansprechen zu können, erhalten wir Auskunft und uns wird schlagartig klar warum uns keiner „La Paaaaz“ zugerufen hatte: Die Straße nach La Paz sei heute zumindest Tagsüber durch irgendwelche protestierenden Familien blockiert!

Was ist das für ein Land, in dem die öffentliche Ordnung so wenig respektiert wird? Geschweige denn durchgesetzt wird? Zwei Tage nacheinander der einzige Verkehrsweg für den gesamten Westen des Landes in den Regierungssitz (nicht Hauptstadt) blockiert! Und jeder nimmt es hin, mit einem Lächeln, „Si, es loco, es muy malo“. Der uns in sie Stadt zurückfahrende Taxifahrer sagt über sein Land, nachdem er erfährt dass wir aus Deutschland kommen, „Bolivia es Scheiße, si?“, wir wimmeln natürlich lachend ab, aber einigen uns darauf, dass die ständigen Blockaden „scheiße“ sind. Noch einen Tag in Cochabamba verbringend, können wir gut verstehen, warum dieses Land sich so schwer tut, aus der miserablen wirtschaftlichen Lage heraus zu kommen, hier funktioniert nichts!

Und jetzt, bitte den letzten Satz aus Lonely Planet nochmal lesen.

(Und der Nachtbus fuhr los… und wir kamen an. Doch zum ersten Mal in dreieinhalb Monaten Reise wurden wir vom Unternehmen El Dorado aufgefordert für unser zu schweres Gepäck Gebühren zu bezahlen, und dann erhielten wir es in La Paz auch noch in einer Brühe schwimmend zurück, die im Gepäckbereich ausgelaufen war. Einmal El Dorado, nie wieder El Dorado.)

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