Jeder kennt Fotos vom Machu Picchu, und eine Reise durch Peru, ohne die Inkaruinen gesehen zu haben, wäre eine Schande. Das wissen all die, die mit Machu Picchu kommerziell zu tun haben, und nutzen es gnadenlos aus.
Der Weg zum Machu Picchu Dorf, Aguas Calientes, ist beschwerlich, es gibt keine Straße, nur eine Bahnstrecke (oder einen Wanderpfad – wo eine kommerzielle Tour Pflicht ist die mindestens 300 USD pro Person für drei Tage kostet). Bis vor kurzem fuhr auf der Bahnstrecke nur ein Unternehmen, welches unglaubliche Preise für die Fahrt verlangt, auf manchen Verbindungen bis zu 1 USD pro Kilometer (43 USD für 45 km). Das auf der selben mickrigen Distanz auch Luxus-Angebote existieren, die bis zu 280 USD kosten… naja, wer es bezahlt, selber schuld. (Mittlerweile gibt es zwei andere Unternehmen, die allerdings nicht viel billiger sind.) Interessant ist, dass es auch eine Bahnverbindung für Einheimische gibt, auf der Touristen nicht erlaubt sind, wie dies zu rechtfertigen ist oder durchgesetzt wird, ist uns nicht klar, jedoch hört man nichts von erfolgreicher Nutzung dieser Verbindung durch andere Touristen.
Santuario Historico Machu Picchu, Peru
Von Auguas Calientes zur Inkaruina sind es entweder eine gut einstündige Wanderung einen recht steilen Berg hinauf oder eine 25-minütige Busfahrt, für sage und schreibe 5,50 EUR (die 7-stündige Busfahrt von Tacna nach Arequipa hat sogar noch etwas weniger gekostet). Der Eintritt zur Ruine kostet knapp 32 EUR und wer einen kleinen Berg innerhalb der Ruine besteigen möchte, zu dem nur 400 Personen pro Tag zugelassen werden, zahlt noch mal 5 EUR.
Wie der typische Rucksacktourist bei diesem Preisniveau noch zurecht kommen soll, ist uns ein Rätsel, aber vielleicht soll er das ja auch gar nicht, schließlich sind Mittelklasseeuropäer auf Urlaub viel lukrativer (190 EUR Bahnfarht, 200 EUR Hotel, 32 EUR Eintritt, 200 EUR Abendessen, so könnten wir nie Geld lassen).
Am traurigsten ist jedoch, dass am Ende nichts weiter als ein Massentourismuserlebnis übrig bleibt. Ja, die Ruine ist beeindruckend, ein Ort den Ben gerne so ursprünglich erlebt hätte wie Kristina dies 2005 tat, doch diese Zeiten sind für immer vorbei.
Über 2005 schreibt Kristina: Nach einem 5-Tages-Trek kamen Ute und ich abends in Aguas Caliente an und, nach einer halben Nacht Schlaf, traten erschöpft früh morgens den Aufstieg zum Machu Picchu mit unserer Trekkinggruppe (insg. ca. 6 Personen) und unserem Guide an. Hierbei war der Guide sicherlich schon oben angekommen, als der Letzte von unserer Gruppe gerade anfing den Berg hochzusteigen – dreiviertel waren von einem Magendarminfekt geplagt (ich selbst hatte nur mit bösen Blasen an den Fersen zu kämpfen, und hatte mich gerade von einem Magendarminfekt am Anfang des Treks erholt). So kamen zwar Ute und ich gemeinsam oben an, legten den Weg jedoch größtenteils alleine zurück – Ute mit Bauchbeschwerden und ich mit Schmerzen an den Füßen. Oben gab es im Dunkeln erkennbar eine kleine Hütte – Eintrittskarten hatte uns der Guide nicht gegeben und zu sehen war er nicht – aber wir wurden auch nicht weiter aufgehalten oder kontrolliert. So erreichten wir den Aussichtpunkt und warten mit unserer Trekkinggruppe und maximal vier weiteren Personen auf den Sonnenaufgang, so das wir bei wolkenlosen Himmel den Machu Picchu in wunderschönem Morgenlicht bestaunen und menschenleer fotografieren konnten. Nach einer kurzen Führung durch einen sehr schlecht verständlich englischsprechenden Guide begannen wir im strahlenden Sonnenschein den Aufstieg zum Waynapicchu (dem kleinen Berg im hinteren Bereich der Ruine), am Fuß gab es nur eine noch kleinere Hütte als am Eingangsbereich, wo wir uns lediglich in einem Buch registrierten mussten. So verbrachten wir, den Nachmittag auf einer der vielen Terrassen in der Sonne liegend und picknickend, insgesamt circa acht Stunden auf dem Machu Picchu ohne uns großartig zu irgendeinem Zeitpunkt von Tourimassen gestört zu fühlen. Ein unvergessliches Erlebnis, was ich gerne mit Ben geteilt hätte.
Über 2011 schreibt Ben: Den Sonnenaufgang über Machu Picchu würden wir sowieso nicht erleben, denn es hatte (sehr ungewöhnlich für die Jahreszeit) seit zwei Tagen immer wieder geregnet und von Sonnenschein war in den Vorhersagen keine Rede. Dennoch entschieden wir uns bei Öffnung der Ruinen um sechs Uhr dabei zu sein, da man nur so ein Foto ohne Hunderte von Touristen machen könnte. Für die eineinhalb- bis zweistündige Wanderung auf den Berg (den überteuerten Bus wollten wir nicht nehmen) standen wir um 3:45 Uhr auf, um um 4:00 Uhr auf dem Trail zu sein (Um mit einem der ersten Busse hochzufahren muss man genau so früh aufstehen, und sich beim Bus anstellen!). Es regnete gerade nicht und so waren wir gut gelaunt. An den anderen Bauruinenhotels vorbei laufend, schwemmten immer mehr Gruppen von jungen Menschen auf die Straße, auch sie wollten “allein” am Machu Picchu sein. Nach nur 15 Minuten erreichten wir eine Brücke, eine geschlossene Brücke. Die Wachen hatten bereits angefangen die Touristen in einer Schlange anzustellen, die Brücke machte erst um 4:50 auf, es war 4:20 Uhr. Keiner hatte uns dies gesagt, und den anderen auch nicht, nicht einmal bei gezielten Nachfragen bei Vorabkauf der Eintrittskarten wurde von einer Öffnungszeit einer Brücke etwas gesagt. Nachdem wir dann den Weg den Berg hoch antreten durften, erreichten wir nach gut 40 Minuten den Eingang zur Ruine, noch eine halbe Stunde vor Einlass (6 Uhr). Ein ganzer Komplex mit Restaurant und computerisierter Eingangskontrolle wartete auf uns und die anderen 300 Frühaufsteher, während kurz vor 6 Uhr die ersten Busse anrollten. Wir waren unter den ersten in der Ruine und es gelang uns tatsächlich Fotos zu machen, ohne großartig Touristen drauf (nachdem sich die meisten in die nächste Schlange gestellt hatten, um sich das Ticket für den kleinen Berg Waynapicchu zu kaufen, um diesen zwischen regulierten Zeiten (7-8 Uhr und 9-10 Uhr) beklettern zu dürfen). Allerdings begann es um Punkt sechs Uhr zu regnen, und hörte bis zu unserem Verlassen der Ruinen vier Stunden später nicht auf. Inzwischen hatten sich die Terrassen der Ruine mit Hunderten Touristen gefüllt, kein Foto war mehr möglich ohne grelle Regenjacken. Alle Flächen wo man sich hätte vorstellen können, bei schönerem Wetter die Ruine in sich aufzusaugen, waren abgesperrt, wenn es auch unmöglich gewesen wäre in dem Trubel die Ruine und die sagenhafte Landschaft zu genießen. Man, wie ich Kristina um 2005 beneide.
2 Antworten auf Mord am Rucksacktourismus: Machu Picchu