Nach einer Verkettung von kleineren Verzögerungen bei unserer Abreise aus Tokyo erreichten wir Nikko erst um 15:00 Uhr, hielten aber am Plan fest, trotz der zu erwartenden Touristenmassen in den Weltkulturerbeschreinen und -tempeln, die Besichtigung noch am gleichen Tag zu beginnen. Der Reiseführer hatte dringend empfohlen Nikko nicht als Tagesausflug von Tokyo aus zu machen, sondern dort zu nächtigen um die Anlagen vor den Tagesausflüglern zu erreichen.
Wir trafen jedoch nur auf wenige Touristen, der Weg vom Bahnhof zu den Templen, angesichts der zahlreichen (leeren) Souveniershops wohl sonst mit Touristen gefüllt, war menschenleer; zweidrittel der Geschäfte und Restaurants hatten geschlossen. Im direkten Umfeld der Tempel war zwar wieder mehr Leben in der Bude, doch waren fast nur einheimische Touristen unterwegs. Es hatte gerade in Strömen geregnet und so gaben wir uns mit der Erklärung zufrieden, die meisten verbrachten ihre Zeit lieber in den diversen Resorts im Trockenen oder in den dazugehörigen Onsen (Thermalquellen).
Nach den ersten Tempeln fanden wir auf dem Weg zurück zum Bahnhof ein kleines Restaurant und aßen ein frühes Abendessen. Die lokale Spezialität, eine “Haut” die bei der Tofuproduktion entsteht, war wie immer neu und spannend, und viel besser als die Beschreibung klingt. Wie mit dem Hostelbesitzer per eMail vereinbart, gingen wir zur Bahnstation, wo wir unsere Rucksäcke eingeschlossen hatten, riefen ihn an, fuhren drei Stationen mit der Bahn, um dort von ihm abgeholt zu werden. Ein eigenartiger, aber sehr bemühter und netter junger Amerikaner mit japanischer Frau und einem alten, sich außer Betrieb befindlichen Onsen (versiegte Thermalquelle und das ehemalige, jetzt zerfallende Gasthaus), welches er in ein Hostel umzubauen angefangen hat (leider nicht das sauberste, aber duschen konnte man sich mit echtem Thermalquellenwasser). Seltsam nur, wir waren die einzigen Gäste.
Am folgenden Tag besichtigten wir die anderen Tempel, diesmal kriegten wir, nachdem die Nacht ein Gewitter gewütet und der Tag mit einem strahlend blauen Himmel begonnen hatte, häufige Regenschauer ab, bis diese sich gegen Nachmittag in einen Dauerregen verwandelten. Wir hatten zu dem Zeitpunkt alles gesehen was gesehen werden musste, so dass wir zum Hostel zurückkehrten und dort mangels Restaurants in der Umgebung des abgelegenen Hostel, eine vom Besitzer zusammengeschusterte, aber nicht ganz schlechte, Pizza zu uns nahmen.
Während der diversen Gespräche mit Scout (ja der Besitzer heißt wirklich so) erfuhren wir, warum wir die einzigen Gäste waren und die Stadt so leer war: Fukushima. Tatsächlich ist der Tourismus hier seit dem Erdbeben und seinen Folgen völlig eingebrochen. In der Panik der internationalen Berichterstattung hatten die Gäste unmittelbar nach dem Ereignis ihre, wie üblich weit im Voraus gebuchten Reisen abgesagt! Die auch in ihrer Anzahl verringerten japanischen Touristen reichen nicht aus, um Nikkos touristische Infrastruktur am Leben zu erhalten, viele Restaurants und Unterkünfte werden wohl dauerhaft geschlossen bleiben.
Hoffentlich sind die Touristen, die jetzt im Norden fehlen, nicht alle weiter südlich, wo wir nun auch hinreisen…
3 Antworten auf Nass in Nikko