Nach der Überquerung des Japanischen Meers mittels dem Beetle, einem Tragflächenboot der staatlichen Bahngesellschaft (ein witziges Gefühl, mit immerhin 45 Knoten ~ 83 km/h recht sanft über das Wasser zu gleiten), kamen wir in Busan an, ohne zu wissen was uns erwartete. Und selbst nach drei Tagen in Koreas zweitgrößten Stadt, wissen wir immernoch nicht so recht, wo wir angekommen sind.
Es ist eine Mischung aus La Paz und Tokyo, eine bizarre Kombination aus Rückständigkeit, Dreck, Unhöflichkeit und asiatischer Glitzerwelt, Hightech, Hypermoderne. Überall fahren Mazda und Lexus, gar VW, BMW und Mercedes herum (wie in Tokyo) doch beachten diese weder Zebrastreifen noch rote Ampeln (wie in La Paz). An vielen Straßenecken und an manchen Stellen, entlang ganzer Straßen, stehen Fressbuden, die ihr Geschirr in Plastikschüsseln mit dreckigem Seifenwasser waschen (wie in La Paz), gleich daneben ist die französische Edelbäckerei mit wirklich annehmbaren Croissants (nicht ganz wie in Tokyo, aber nah dran). Einzelhändler verkaufen ihren spärlichen Anbau am Straßenrand sitzend (wie in La Paz) dahinter steht das 20 Stockwerk hohe Kaufhaus, das hauptsächlich Emporio Armani, Bvlgari und ähnliche Designerboutiquen enthält (Tokyo).
Auch hier wird einem Hilfe angeboten, wenn man zu lange auf einen Stadtplan schaut, doch der Unterton ist anders, und in Geschäften oder Restaurants wird man schroff und für unser Verständnis unhöflich behandelt. Überhaupt ist der Umgang der Menschen untereinander und zu Ausländern eher mit dem in Südamerika zu vergleichen, als mit dem in Japan, von übertriebener Höflichkeit kann hier keine Rede sein.
Gerade das Konzept der Diskretion scheint hier nicht bekannt zu sein: mit unseren Rücksäcken sind wir überall ein ungewohnter Anblick, doch in Südamerika warfen die meisten Menschen einen Blick und gingen weiter ihrem Geschäft nach. Hier bleiben die Leute stehen, laufen einem hinterher, starren lange und genau hin. Wären sie dabei offensichtlich freundlich, wäre das ja gar nicht weiter schlimm, doch da eine offensichtliche Skepsis und manchmal gar Abneigung zu spüren ist, ist es uns gelegentlich etwas unwohl dabei. Aber man gewöhnt sich an alles.
Und während in Japan die Kommunikation bei verständlichen Intentionen mittels Englisch und Handzeichen immer gelang, scheitert sie hier regelmäßig. Die Koreaner, obwohl die Gesellschaft angeblich solch ein Wert darauf legt English zu sprechen, wollen oder können in der Regel kein Wort Englisch sprechen und sind nicht bereit sich mit der Kommunikationslücke auseinander zu setzten. Handzeichen wie auf das Bild im Menu zu zeigen, einen Finger hochzuhalten und “eins” auf Koreanisch falsch auszuprechen, funktioniert einfach nicht. Die Ausnahmen bestätigen die Regel, und so kam es, dass an unserem ersten Tag eine ältere Dame in der S-Bahn Kristina einen mini-Sprachkurs verpasste und ganz begeistert war mit uns ihr gebrochenes Englisch sprechen zu können.
Gerade bei der Suche nach einer Unterkunft ist dies ein Thema, denn hier sprechen auch die wenigsten Englisch und Reservierungen per Internet sind eher ungewöhnlich und nur bei wenigen Hotels möglich. Und so kam es, dass, nachdem wir in unserem Hostel nur für zwei Nächte Platz gefunden hatten, wir für die dritte Nacht in Busan in einem Love-Motel endeten. Diese Stundenhotels sind wie auch schon in Teilen Südamerikas ubiquitär vorhanden, nur kann man diese hier auch für die Übernachtung nutzen. Das Zimmer war zwar kitschig dekoriert und bot Rotlicht-Stimmung, war sonst jedoch deutlich über dem preislich identischen Nicht-Love-Motel-Niveau und super sauber. Nur haben wir noch nicht raus, ob man aus dem Zimmer tagsüber raus muss, wenn man länger als eine Nacht bleiben möchte, was natürlich nicht in unserem Sinne wäre.
Alles ist anders in Korea, und doch hat man einzelne Elemente schon mal gesehen. Doch es ist die Mischung und diese ist einzigartig… und schwierig.