Der Grund für die Reise

Das ist genau der Grund für diese Reise: ein Trek, wie den, den wir die letzten drei Tage gemacht haben. All die Frustration mit unzureichenden Hostels, langen irren Busfahrten, dem niedrigen Budget und der dreisten Touristmusindustrie ist wie weggeblasen. Alles nur Stolpersteine auf dem Weg zur Glückseligkeit.

Hast du jetzt ein oder zwei Fleece dabei?

Tag Null: die Vorbereitungen nahmen fast einen ganzen Tag in Anspruch. Von einem Besuch beim Nationalparkbüro, wo wir unseren Trek anmelden mussten („ihr kommt an einem Samstag zurück, am Montag machen wir wieder auf, es wäre gut wenn Ihr uns einen Zettel unter die Tür schieben könntet, damit wir wissen, dass Ihr wieder da seid“ — wenn man also an einem Samstag nicht wieder kommt, kümmert es keinen bis Montag nach dem Kaffee?) bis hin zur Organisation eines „besseren“ Hostels für den Rückkehrtag fiel so viel an, dass ich mich nun drei Tage später gar nicht mehr an alles erinnern kann. Essen kaufen war erstaunlich einfach, mein Lieblings-Trekking-Essen gibt es auch in Argentinien in größeren Supermärkten (Fertignudeln aus der Tüte inklusive Sauce, weil vom Komfort-/Geschmacks-/Gewichtsverhältnis einfach unschlagbar) sogar ein für drei Tage haltbares Brot ließ sich auftreiben. Michpulver für das Müsli morgens ist hier weniger ein Problem als in Deutschland. Toll.

Mit dem Taxi in den Wald

Tag Eins: Wie stellten einen frühen Wecker (7:20 Uhr), packten die restlichen Dinge zusammen, aßen noch ein Medialuna im Hostel und bestellten ein Taxi. Die Fahrt führte am neuen Hostel vorbei, wo wir unsere nicht benötigten Dinge in unseren Cargo-Bags in eine Ecke unter die Treppe stellen durften („It safe, no worry, I look always“) und fuhren dann in die Nähe des Ausgangspunktes.

Wir hatten zwei Treks aus dem Buch Trekking in the Patagonian Andes zusammengeführt und aus einer Tagestour und einem One-Nighter einen Two-Nighter gemacht. Erst sollte es auf den Glaciar Vinciguerra gehen und dann am Folgetag zur Laguna del Caminante gefolgt von der Überquerung des Passo de la Oveja am dritten Tag.

Quer-feld-ein durchs Moor

An einer Torf-Farm entlang einem Fluß, über abenteuerliche Brücken, vorbei an freilaufenden Pferden, durch dichten Wald bis über die Baumgrenze, an die durch das Schmelzwasser geformte Lagune kämpften wir uns die ersten 750 Höhenmeter hinauf, während wir nicht so recht merkten, wie sehr wir unsere ungeübten Oberschenkel strapazierten. Der Weg war das Ziel, denn die Lagune und der Gletscher waren nicht wirklich schön, dennoch sehr interessant. Ein kalter Wind ging dort oben, ein Campen dort unmöglich. Also entschieden wir uns, wie geplant nach dem Mittagessen den Rückweg anzutreten. Wieder im Tal an der Flußüberquerung angekommen, standen wir vor der Entscheidung den Weg zurück zum Ausgangspunkt zu nehmen und von dort den zweiten Trek anzutreten oder einmal quer-feld-ein mittels GPS den ersten Zeltplatz auf der zweiten Tour aufzusuchen, dessen Koordinaten wir aus dem o.g. Buch hatten. Wir entschieden uns für quer-feld-ein. Durch Sumpf, über Moorfelder entwickelten wir ein schlechtes Gewissen, der Natur wegen, man könne ja nicht einfach durch die unberührte Landschaft wandeln, bis uns auch in den hintersten Ecken der Moorfelder Allradspuren und Probeentnahmestellen für die Torf-Gewinnung auffielen. Die Menschheit beansprucht doch wirklich alles für sich… jetzt auch wir. Nachdem wir in einem Sumpf stecken blieben und kehrt machen mussten, fanden wir noch den anvisierten schönen Campingplatz und verbrachten nach Fertignudeln aus der Tüte eine ruhige Nacht, wenn auch etwas kalt.

Fängt es zu regnen an? Ich kann den Himmel nicht sehen!

Nach einem späten Start, obwohl wir um 8:00 Uhr aufgestanden sind, begann der Aufstieg zum Abstieg zur Lagune. Da wir die meiste Zeit in einem dichten Wald unterwegs waren, störte auch der bedeckte Himmel nicht so wirklich, nur der gelegentliche Nieseltropfen ließ immer wieder an die Regenhülle für einen der Rucksäcke denken, die nicht mehr angekommen war. Nach einem ordentlichen Anstieg (nur rund 600 Höhenmeter, aber durch unwegsames Gelände) bei Verlassen des Waldes machen wir Mittagspause. Hier wurden wir von gleich zwei weiteren Parteien überholt, die einen kassierten wir aber wenige hundert Meter später bei deren Mittagspause wieder ein, was auch gut so war, denn die Lagune die sich nach einem weiteren scharfen Anstieg in einer Senke offenbarte war herrlich und hatte zwei wunderbare Plätze um ein Zelt aufzuschlagen, danach wurde es zweitrangig. Wir schnappten uns den anderen und bauten auf. Tolles Fleckchen Erde. Beim Rauschen des Wasserfalls war die Nacht dank einer weiteren Schicht nicht ganz so kalt.

Schäfchen auf dem Paso de la Oveja

Argentina

Die Lagune nun in purem Sonnenschein erlebend, machten wir uns schweren Herzens auf um den Schafspass zu bewältigen. Gigantische Talusfelder hinauf entlang eines malerischen Bergflusses gewannen wir rasch an Höhe um den Pass bei 800 m zu überqueren, die Ausläufer des patagonischen Windes verwandelten die sicherlich mindestens 10 Grad zu eisigen Temperaturen die Schicht um Schicht verlangten. Der Abstieg mit den sich um jede Ecke auftuenden Ausblicken waren jeden Höhenmeter wert. Nach einem navigatorischen Patzer stiegen wir ins Tal ab und wieder auf… naja, kann ja nicht alles glatt gehen, vor allem weil sich das Wetter von seiner besten Seite zeigte. Als Schmankerl gestalteten sich die letzten Kilometer als ein Klettern über unzählige umgefallene Bäume. Das Ende des Treks der Route über einen Schrottplatz mit bellenden — aber nicht beißenden — Hunden sollte man lieber verschweigen. Wie vom Himmel gesandt sammelte uns auf der staubigen Landstraße auch ein leeres Taxi auf, wie man laut Trekkingführer zumindest erhoffen dürfe.

Das schönste Ende der Welt?

Tierra del Fuego macht Tasmania wirklich Konkurrenz um den Titel „Das schönste Ende der Welt“, aber in circa 11 Monaten werden wir uns die Konkurrenz nochmal ganz genau anschauen.

Heute und morgen ein Ruhetag, auch für mein Knie (ich werde alt!) dann noch mal eine Nacht auf einem organisierten Campingplatz im Parque National Tierra del Fuego mit zwei kürzeren „Tagestrips“ und dann die Weiterfahrt in die Region Torres del Paine.

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