Busfahrt als Strafe

Wenn man in Argentinien in einen Bus einsteigt, der nur 30 Minuten Verspätung hat, glaubt man es wird alles gut. Wenn der Bus dann wenige Minuten nach Abfahrt in eine Wartungshalle der Busfirma fährt, dort unter laufendem Motor irgendetwas am Bus gemacht wird, um dann kommentarlos weiter zu fahren, entwickelt sich ein ungutes Gefühl. Wenn dann mitten in der Nacht der Bus an einem der zahlreichen Stops ausgeht und offensichtlich nicht mehr angeht, lächelt man nur gelassen in sich hinein, man hat ja gesehen, dass an diesem Stop weitere Busse derselben Firma stehen, die sicherlich als Ersatz dienen könnten. Nachdem die Reparaturversuche der Busbesatzung im Handydisplaylicht scheiterten, wird ein „mecanico“ bestellt. Dieser kommt mit einem Starthilfekabel, schließt zwei Busse kurz und schon geht die Fahrt weiter… im gleichen Bus, in der Hoffnung das dieser nicht irgendwo in der Pampa (tatsächlich in der Pampa, wir sind in Patagonien) aus und nicht wieder an geht. Immerhin kamen wir mit nur gut einer Stunde Verspätung an, dies gilt bei 18 Stunden Fahrt als pünktlich.

Die Anschlussfahrt von Rio de Gallegos nach Ushuaia war geprägt von Formalitäten. Kaum ne halbe Stunde gefahren, hielten wir am argentinischen Grenzposten, dort mussten alle aus dem Bus und erhielten den argentinischen Ausreisestempel. Eine halbe Stunde später durften wir wieder in den Bus und fuhren … knapp 400 Meter zum chilenischen Grenzposten, wo wir den chilenischen Einreisestempel erhielten. Zuvor wurden wir gemahnt die Zollerklärung auch bloß wahrheitsgemäß auszufüllen, besonders die Einfuhr von Früchte und ähnlichem müßte unbedingt wahrheitsgemäß angegeben werden. Die Einfuhr solcher Waren bestätigten wir auch mit einem Kreuz und es interessierte sich keiner mehr dafür. Nach einigen Stunden Fahrt durch Chile hielten wir wieder am chilenischen Grenzposten, erhielten den entsprechenden Ausreisestempel und 400 Meter weiter dann wieder den argentinischen Einreisetempel. Fazit: 5 Formulare ausgefüllt, vier Stempel mehr im Paß.

Derweil wurden wir mit dem schlimmsten belästigt was Hollywood zu bieten hat: Defiance, The Mechanic, Law Abiding Citizen, alles Filme (die Jugendfreigabe der FSK läge sicherlich bei 16 oder 18 Jahren), die die Argentinier kommentarlos als angebrachte Unterhaltung für ihre Kinderscharen akzeptierten. Beängstigend.

Nach 30 Stunden Busfahrt und Reiseformalitäten kamen wir mit stetig wachsender Begeisterung für eine immer grüner werdende Szenerie in Ushuaia an. Fertig. Dann schlechtes Essen. Schlechtes Hostel. Schlechte Preise. Pläne werden geschmiedet wie es weiter gehen soll: viel Trekking, raus in die Natur, wir wollen nicht länger die Goldesel der auch noch minderwertigen Touristenindustrie sein.

Wenn unsere zukünftigen Kinder mal richtig böse waren, werden Sie auf die Busfahrt von Puerto Madryn nach Ushuaia gesteckt (Wenn da nicht diese Sache mit den Filmen wäre…).

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