Nach unserer Ankunft und dem Organisationstag in Talca machten wir uns um 6:30 Uhr auf zum Terminal del Buses, um mit einem bestimmt aus den 50er Jahren stammenden Mercedes-Bus den Weg ins zwei Stunden entlegene Vilches Alto zurückzulegen. Die Sammlung von Cabanas und sogenannten Supermercados (bestehend aus einem Regal und dem Verkauf von Zement) am Rande des Nationalparks Alto de Lircay schienen wie ausgestorben. Die restlichen zwei Kilometer in den Natinalpark legten wir zu Fuß zurück, erklärtem den Ranger von Conaf unser Anliegen und zahlten den Eintritt. Auch in dem nur fünf Minuten dauernden Gespräch fiel wieder einmal auf, wie freundlich und bemüht doch viele Chilenen sind die kulturellen und vor allem die sprachlichen Hürden freundlichst zu überwinden.
Geplant hatten wir am ersten Tag sieben Stunden rein zu laufen, unser Zeltlager aufzubauen, am nächsten Tag den ganzen Tag in einer großen Rundwanderung die zwei großen Sehenswürdigkeiten zu besuchen und am folgenden Tag wieder raus zu laufen, so hatte es uns der Ranger im Conaf-Büro in Talca empfohlen und uns eine Karte gegeben. Die Karte hatte keinen Maßstab, aber was solls, wir hatten ja die Zeitangaben von dem Ranger in Talca.
Nun am Park angekommen zeichneten die Informationen ein etwas anderes Bild: zum geplanten zweiten Campingplatz gerade mal weiterte sechs Kilometer (sieben Stunden???) und der Rundweg zu den Sehenswürdigkeiten würde zwar lang aber nicht tagfüllend sein, zumindest nicht für uns. Also entschied Kristina, dass wir am ersten Campingplatz unser Zelt “etwas zackig” aufbauten, und noch am ersten Tag die Rundtour machten, da das Wetter ja am nächsten Tag schlechter sein könnte, man müsse den blauen Himmel nutzen.
Es folgten 22 Kilometer mit 1294 m Gesamtsteigung in vier ein halb Stunden plus zwei Stunden Pausen zum Essen, Staunen und Fotografieren. Eine nette Lagune (wir haben im Süden schönere gesehen) und einen echten UFO-Landeplatz, äh, ein Basaltplateau inmitten einer Vulkangesteinlandschaft mit Blick auf die schneebedeckten Vulkane.
Auf dem Weg fiel Kristina eine Vogelspinne auf, die über den Weg huschte. Sofort zückten wir die Kamera und begannen Fotos zu machen, während wir einen respektvollen Abstand hielten. Nicht schön, aber faszinierend, auch wenn es bereits das zweite Mal war, dass wir eine Tarantel im freier Wildbahn erlebten (Argentinien 2007 war das erste mal). Also nahmen wir uns vor am nächsten Morgen unsere Stiefel zu überprüfen, um sicherzustellen, dass dort nicht eine Spinne in der Nacht Unterschlupf gefunden hatte. In der Nacht mußte Kristina dann raus und entschied bei fast tagheller Vollmondnacht ohne Licht zu gehen und schaute auch nicht in ihren Stiefeln nach. In den Stiefeln befand sich keine Spinne. Bei dem Aufruhr im Zelt entschied sich auch Ben die Gunst der Stunde zu nutzen und das Gebüsch aufzusuchen, mit Licht, egal wie hell der Mond schien. Zurück im Zelt auf den Schlafsäcken sitzend sahen wir sie dann, am Zelteingang unter dem Außenzelt kauernd nur Millimeter von dort, wo unsere Köpfte vorbeigestrichen waren und kaum entfernt von der Befestigung, wo Kristina die Tür des Zeltes aufgerollte hatte. Schnell schlossen wir das Innenzelt und stupsten die Spinne durch das Innenzelt an, in der Hoffnung sie würde abfallen und wir könnten das Außenzelt wieder schließen. Doch die Spinne bewegte sich nicht. Durch den zweiten Stupser fiel die Spinne zwar herab, zog sich aber an ihrem Faden wieder hoch (wussten gar nicht, dass sich so große Viecher sich auch an ihrem Faden bewegen können). Alle guten Dinge sind drei und sie wanderte genervt ab, um hinter unserem Zelt zu verschwinden. Hastig schlossen wir das Außenzelt und suchten das Innere des Zeltes nach einer weiteren Spinne ab, die wohlmöglich während unserer kurzen Abwesenheit ins Zelt geschlüpft sein könnte. Nachdem wir keine fanden, legten wir uns wieder hin, wenn auch nicht ohne, dass uns ein weiterer Schauder über den Rücken lief. Die nette Rangerin, die wir am nächsten Tag nach den hiesigen Taranteln und deren Gefährlichkeit fragten, wimmelte ab, es würde zwar weh tun, wenn sie bissen, es wäre aber nicht weiter gefährlich, was auch heute das Internet bestätigte.
Der Berghalbmarathon war somit ein voller Erfolg, wenn auch nicht gerade die gemütliche Trekking-Tour, die wir geplant hatten. Entsprechend wussten wir nicht, was wir den zweiten Tag noch im Park sollten und entschieden uns frühzeitig zurückzukehren und am Donnerstag den Weg nach Valparaiso anzutreten.
Ach so, der Knöchel: nach den ersten zwei bis drei Kilometern war nicht mehr zu spüren als eine gewisse Empfindlichkeit bei bestimmten Bewegungen (Supination) und dass der Stiefel etwas knackiger saß, dank der Schwellung, und am nächsten Tag war kaum etwas auszusetzen. Also: das nächste mal nach Knöchelzerrung mache ich wieder einen Berghalbmarathon.