Tokyo

20110723.120725.IMG_4126In Tokyo bestätigten sich viele Vorurteile, die wir Europäer über die Japaner haben – und für uns wurden viele Eindrücke noch verstärkt, da Japan das krasse Gegenteil zum südamerikanischen Kontinent darstellt.

Es ist alles sauber, unfassbar sauber: Von der Landschaft über die Städte und deren Parks, vom Hostel bis zur öffentlichen Toilette, nirgends liegt Müll herum, alles ist aufgeräumt, alles geordnet und blitzblank geputzt. Natürlich hat auch Tokyo seine Schmuddelecken und unaufgeräumte Gärten, doch diese sind selten und dann gut abgeschirmt.

Japan

Alles ist geregelt, nichts dem Zufall überlassen, wobei durch allgegenwärtige “Bitte”- und “Danke”-Schilder die Regelung nicht als Zwang, sondern als freiwillige Ordnung empfunden wird, an der man nur allzu gerne teilnimmt. Keiner läuft bei rot über die Straße, auch wenn sie völlig frei ist, dabei scheint auch keiner vom Warten genervt zu sein. Zum “Sperren” von Parkwiesen genügen wenige, dezente Schilder, keine Gitter sind nötig, und jeder hält sich dran. Die Leute scheinen sich zu fragen, wenn sie das Bedürfnis haben, sich auf die Wiese zu setzten, ob dies erlaubt sei und halten nach Hinweisen auf das Gegenteil Ausschau, sie folgen nicht einfach ihrem Bedürfnis und weichen erst davon ab, wenn Zäune oder Wärter sie davon abhalten (wie in Deutschland üblich).

Japaner sind wundervoll hilfreich und höflich, der Verkehrspolizist verbeugt sich vor dem vorbeifahrenden Busfahrer, der Parkwächter heißt jeden Gast freundlich mit einigen Worten willkommen und verbeugt sich ebenfalls, die Supermarktkassiererin hilft beim Chaos mit den unzähligen Münzen (die teilweise ohne westliche Zahlen auskommen), der Kellner nimmt sich Zeit das Menü in gebrochenem Englisch zu erklären und Spezialitäten zu empfehlen, auch wenn wir sicherlich die tausendsten Touristen sind, die unfähig und unwissend ein Essen bedürfen. Der Schaffner sieht Touristen den Zug besteigen und bittet andere Fahrgäste, die wohlmöglich Englisch sprechen, nachzufragen, wohin der Tourist wohl will und bedankt sich für die Auskunft, sichtbar glücklich das die Touristen im richtigen Zug sitzen. Auf der Suche nach unserem Hostel sprach uns ein älterer Mann an, der selbst kein English sprach, sorgte aber dafür dass, der nächste junge Mann bei der Suche half, der wiederum jemanden anderen um seine Meinung bat und dabei ein heiteres fünfminütiges Rätselraten über den Stadtplan im Laternenlicht auslöste, um danach noch 10 Minuten mit uns auf Suche zu gehen bis wir das Hostel fanden (gut, der junge Mann hatte sieben Jahre in Berlin Bauingenieur studiert und sprach fließend Deutsch, doch im Verlauf unseres Tokyoaufenthalts wurde uns klar, hätten uns wohl die meisten Japaner bei der Suche so engagiert geholfen).

Erschreckend ist, das wir die viele Hilfe auch nötig haben. Abgesehen von öffentlichen Einrichtungen wie Metro und Bahn und touristischer Infrastruktur wie Touristeninformationen und Hostels, ist die Quote der in Alphabet verfassten Schilder, Karten und Lebensmittelverpackungen erschreckend gering. Viele Restaurants geben das Repertoire ihrer Speisen in der Form von Plastiknachbildungen im Schaufenster an (üblich, unabhängig vom touristischen Angebot), diese sind dann aber nur mit japanischen Schriftzeichen beschildert, was drin ist weiß man erst hinterher oder nie.

Wie in jeder Großstadt gibt es viele bunte Menschen zu bestaunen, man meint jedoch, dass das Ausmaß der Individualtät hier nochmal etwas größer ist als in Europa, die Kleidung ist teilweise so bizarr in so viele unterschiedliche Richtungen, da läuft ein Gothic-Punk neben der traditionellen Geisha begleitet von Mädchen in Schuluniform und einem jungen Mann, der in Deutschland wohl am ehesten ein Clown im Karneval darstellen würde. Toll.

Das Essen fasziniert, ganz andere Dinge als bisher liegen auf Bambusmatten und in prachtvoll verzierten Schüsseln. Nudeln werden (teilweise) kalt serviert, große heiße Metallplatten sind in den Tisch eingelassen und Seetang gehört zur Standardzutat ebenso wie die dazugehörigen Meeresfrüchte. Beim Essen wird viel geschlürft, gerade die Nudeln in heißer Brühe sind der Albtraum eines jeden noch sauberen T-Shirts, da die freischwingenden Enden der Nudeln unausweichlich Brühe in alle Richtungen verteilen. Teuer ist es alles, ein kleines Essen in einem billigen Fastfoodladen geht nicht unter 10, eher 15 EUR über den Tisch, für ein Mittagessen in einem richtigen Restaurant müsste man mindestens 30 eher 60, aber auch locker bis 140 EUR pro Person lassen. Dafür ist es aber alles frisch und mühsam zubereitet. Mittels “order-by-pointing” und mit Stäbchen bewaffnet freuen wir uns auf alles, was noch auf uns zu kommt und in uns herein geschlürft werden wird.

Viel zu wenig Zeit hatten wir für diese hypermoderne, tausendseitige Hauptstadt dieser ganz anderen Welt, doch was wir so schmerzlich vermissten in Tokyo, z.B. traditionelle japanische Gärten, werden wir wohl nun in anderen Städten finden. Auf nach Nikko.

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