Einmal war zu viel

20110808.121101.IMG_5337Einmal war zu viel: Nicht der Besuch von Hiroshima, sondern die Monstrosität dessen, was hier so eindrücklich geschildert wird.

Der Beginn der nuklearen Kriegsführung am 6.8.1945, von der man hier 66 Jahre später nur die Oberfläche erahnen kann, erschlägt das glückliche Gemüt des Reisenden mit einer Wucht, die wir vorher nicht für möglich gehalten hätten. Es ist nicht so sehr die Geschichte der Explosion der Bombe selbst und die schier unfassbare Tötungs- und Zerstörungskraft, die diese hatte, die erschlägt: Menschen haben in der Geschichte stets schreckliche Dinge angerichtet und in unzähligen Kriegen unbegreifbares Leid verursacht. Nicht einmal die Tatsache, dass so viel Leid im Bruchteil einer Sekunde angerichtet werden kann, ist letztendlich das was erschlägt. Erschlagen hat uns der Wahnsinn, die unfassbar absurden Entscheidungen und Begründungen, die zum Abwurf dieser Bombe (und der in Nagasaki) geführt haben.

Hiroshima Prefecture, Japan

Nagasaki Prefecture, Japan

Nicht eine kriegerische Notwendigkeit hat dazu geführt (unabhängig von allen Argumenten, ob und wie Krieg manchmal geführt werden muss), dass 140,000 Menschen ihr Leben verloren und unzählige weitere von langfristigen Folgen betroffen waren, sondern kaltblütiges politisches Kalkül und militärwissenschaftliches Interesse. Die Japaner waren de facto geschlagen, es hätte nur noch wenige Wochen gedauert und die Japaner hätten aufgeben, auch weil die Sowjetunion ihren Neutraliätspakt mit Japan aufgekündigt hatten und in den Krieg gegen Japan einstiegen. Da realisierten die USA, dass nach 1,8 Billionen Dollar Entwicklungskosten man die neue Bombe nicht ungenutzt lassen könne. Da realisierten die Alliierten, wenn sie die Japaner rasch zur Aufgabe zwängen, wäre der sowjetische Einfluss im Nachkriegsjapan geringer. Die USA wollte unbedingt wissen, ob die Bombe, die sie da gebastelt hatten, auch funktioniert und wie toll sie wie viele Menschen töten könne. Die USA wollten zeigen, das sie die Mächtigsten sind.

Und es ist nicht mal die Tat eines einzelnen, fehlgeleiteten Wahnsinnigen (ob im medizinischen Sinne oder nicht) sondern viele Menschen, Politiker, Berater, Wissenschaftler, entschieden über Tage, Wochen und Monate hinweg die Bombe “auszuprobieren”. Und in all dieser Zeit schafften es all diese Menschen, ihre Humanität so zu unterdrücken, dass alle anderen Interessen überwogen. Das ist das Monster dieser Geschichte: die Fähigkeit der Menschen ihre Menschlichkeit vor sich selbst und anderen zu leugnen.

Und ob sich das geändert hat, in 66 Jahren?

[Zu den Fotos: A-Bomb Dome: eines der wenigen Gebäude die die Bombardierung überstanden haben, dabei steht dieses als Denkmal “unverändert” erhalten da. Circa 130 m vom A-Bomb-Dome entfernt, in 600 m Höhe detonierte die Bombe. Bilder aus dem Memorial Park. In den Museen hätte man fotografieren dürfen, doch uns war danach nicht zu mute.]

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