Katmandu

20111003.094314.IMG_7058Die Hauptstadt Nepals ist das, was der Rest von Nepal hoffentlich nicht wird: laut, dreckig, eng und, für den einfachen Fußgänger, gemeingefährlich. Von der prächtigen Natur und den einmaligen Bergen, die im Anflug auf die Hauptstadt Nepals die Wolkendecke wie selbstverständlich durchbrechen, ist am Boden, inmitten der engen Gassen, umgeben von Luft ohne Sauerstoff und gejagt von Motoradfahrern, nichts mehr zu ahnen. Der bitterarmen Millionenmetropole quillt das Leben – und der Tod – aus jeder Nische.

Nepal

Als größtes Erlebnis in Katmandu bekamen wir Zuwachs: Oli reist nun einen knappen Monat mit uns zusammen durch Nepal nach Indien. Ein alter Kindheitsfreund von Ben, hatten wir uns über viele Jahre aus den Augen verloren, doch seit ein paar Jahren besteht die freudige Gelegenheit uns immer häufiger zu sehen, so, dass als die Planungen für die Reise konkret wurden, er sich entschied uns in Nepal zu begleiten.

Für den Touristen gibt es zwei Stadtteile: Thamel und Nicht-Thamel. In Thamel reihen sich Hotel an Hotel und Trekking-Shop an Trekking-Shop. Keine fünfhundert Meter kann man laufen, ohne nicht einer Auswahl an Geldautomaten zu begegnen und keine fünfzig Meter ohne reichlich Gelegenheiten das abgehobene Geld wieder loszuwerden. Neben den Trekkinggeschäften, die eine seltsame Mischung aus echten Markenprodukten sowie guten und schlechten Fälschungen verkaufen, tun Paschimaschalhändler, Tigerbalmverkäufer und Haschischdealer ihr Bestes, um ihre Produkte überteuert an den Touristen zu bringen. Unzählige Restaurants bemühen sich mit lokaler und internationaler Küche ihren Anteil an der Massenfütterung zu verdienen.

Auch in Nicht-Thamel ist der Verkauf von Gütern allgegenwärtig, doch sind es hier kleine Straßenhändler die Lebensmittel verkaufen oder aus der offenen Haustür heraus ein geschlachteten Wasserbüffel anbieten. Wie in anderen armen Ländern auch, konzentrieren sich die Branchen auf einen Stadtteil, Metzer liegen alle beieinander, Glasperlenläden reihen sich Tür an Tür und Messingwaren nehmen eine Straße ein. Voll ist es überall und Fußgänger teilen sich völlig kaputte Straßen mit auseinanderfallenden Taxis und einer Unzahl an wilden Motoradfahrern, Vorfahrtsregeln gibt es nicht, nur lautes Hupen.

In der ganzen Stadt verteilt befinden sich Tempel, in Hinterhöfen verstecken sich kleine und große Stupas und überall stehen kleinste Schreine. Schon lange gibt es in Nepal kaum religiöse Spannungen, Hinduismus und (tibetanischer) Buddhismus koexistieren friedlich, wenige Muslime, Christen und andere Überzeugungen ergänzen das bunte Bild. Hinduistische Tempel zeigen faszinierende Holzschnitzereien, die an manchen Tempeln auch erotische Züge annehmen. Wie auch schon auf Bali, gibt es auch hier Tempel, die von mehreren Religionen gemeinsam genutzt werden, Hinduisten und Buddhisten beten in einer Stätte. Swayambhunath, ein buddhistischer Tempel am Rande der Stadt, beeindruckte besonders, allein die Lage mit dem Blick über das Katmandutal kann von jedem als heilig nachvollzogen werden.

Großes Glück und wenige Komplikationen brachte der Zeitpunkt mit, zu dem wir in Katmandu waren. Anfang Oktober findet Dasain statt, ein Fest zu Durgas Ehren für den Sieg über das Böse, hier feiert das ganze Land über 10 Tage das höchste hinduistische Fest. Gefeiert wird hauptsächlich im Rahmen der Familie, Großfamilien kommen in ihren Dörfern zusammen und essen und beten. Im Rahmen der religiösen Feierlichkeiten spielt die Opfergabe eine wichtige Rolle, und so werden zu diesem Fest Ziegen und Büffel geopfert. Meist findet dies in den Tempeln statt, jedoch auch auf großen Plätzen und in privaten Häusern. Auf einem der großen Plätzen beobachteten wir die Opferung von 108 Ziegen und Büffeln: Nach einem langen Ritus in dem eine Art Weihwasser gebraut wurde, wurde ein Tier gesegnet und an einem Pflock festgebunden mit einem Schwerthieb enthauptet, der Köper wurde dann um die Opfergaben geschleift und somit ein blutroter Kreis um diese gezogen, der Kopf kam neben Früchte und Obst zu den Opfergaben. Ein seltsamer Anblick für uns, die keine solch martialischen Opferriten gewohnt sind, doch am Ende waren wir uns einig, wenn ein Tier geopfert werden soll, dann sicherlich auf diese sehr saubere Art.

Zeitlich übereinstimmend durften auch wir feiern. Gleich zwei Geburtstage in unseren Reihen wurden mit tollem Essen und mageren Geschenken begangen, doch beide Geburtstagskinder stimmen überein: hier zu sein, in Nepal, ist Geschenk genug.

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