Hoch ging es nun, steil hoch. Tasmanier – eigentlich alle Australier – kennen auf Wanderwegen keine Serpentinen. Muss man über einen Berg, geht es geradeaus hoch, in diesem Fall immerhin über einige der Erosion vorbeugende Stufen. Bizarr genug, dass man im Rahmen einer Küstenwanderung 1000 Höhenmeter an einem Tag hoch und wieder runter muss, doch immerhin soll für die Schufterei mit tollen Ausblicken auf die Steilküste belohnt werden.
Das Wetter, welches uns schon die ersten zwei Tage Schwierigkeiten bereitet hatte, bemühte sich nun endgültig uns den Spaß am Trekking zu verderben. Ungefähr nach der Hälfte des Aufstiegs zogen dunkle Regenwolken genau auf unserer Höhe auf, es begann zu schütten. Da waren wir nun, 500 Meter über dem Meer in einer kalten, nassen Wolke, nicht weiter als 20 Meter sehend und das am Anfang eines mindestens Zehnstundentages.
Auf dem Berg angekommen, wanderten wir immerhin für einige Meter aus der Wolke heraus und sahen blauen Himmel, und im Vorbeiziehen der Wolken auch mal kurz Teile der Küste. Wir ahnten: was hätte dies schön sein können, bei gutem Wetter. Ein Mittagessen wurde eher eine ungemütliche Zwangspause, dann ging es weiter, diesmal runter.
Jeder, der schon mal gewandert ist, weiß, dass “runter” nicht gleich “einfach” ist. In schwierigem Gelände, würden wir sogar lieber hoch laufen, statt runter: der Fuß, der das Gewicht übertragen kriegt, wird beim Runtergehen schneller belastet, oft ohne die Möglichkeit einer Korrektur, wie es beim Hochgehen möglich ist, so wird bergab deutlich unsicherer und damit oft anstrengender als bergauf.
Auf der Ostseite der Berge gibt es keine Stufen, zumindest keine künstlichen, nur solche, die der Regenwald vorgibt. Eine Wurzel, 80 cm nichts, dann eine Pfütze und links und rechts davon steile Rutschspuren von dem letzten Wanderer, der dachte, der Rand würde halt geben während er versucht der Pfütze zu entkommen. Manchmal sind die Pfützen unterhalb der 80 cm Stufe noch mal 80 cm tief, wie wir durch Proben mit den Wanderstöcken erfahren haben. Also tut man alles, um diese zu umgehen: Wurzeln, Steine, Grassbüschel, gar ganze Umwanderungen mitten durch den Dschungel haben andere Trekker gefunden bzw geschlagen (Dass dies alles der Umwelt nicht zuträglich ist, ist allen wohl klar, es wundert nur, warum die Parkadministration nicht mehr tut, um den Weg zu bessern und somit den Wald zu schützen.) Und überall rutscht man aus, die nassen Wurzeln bieten ebensowenig halt, wie die Schlammschicht unter den Schuhen beim Betreten eines Steins. “Slip slidin’ away, the near’ your destination, the more you’re slip sliding away.” (Paul Simon meinte das zwar metaphorischer, doch irgendwie schien es sehr gut zu passen.)
All dies führte dazu, dass es im Schneckentempo bergab ging. Der Regenwald schien endlos. Als wir dann um 19:30 Uhr endlich am Ziel ankamen, bauten wir im Trance das Zelt auf, holten Wasser, kochten zwei unserer einst 16 Fertigessen (14 mal Tütennudeln mit irgendeiner wenig Begeisterung auslösenden, in der Tüte enthaltenen Sauce, zweimal analog aufbereiteter Reis) und fielen, tot in die Schlafsäcke, in Deadmans Bay.
2 Antworten auf South Coast Track: Slip Sliding Away